Freitag, 1. Mai 2009

Termin beim OS von Neuland (Oberschulzen) und andere Begebenheiten



Indianer



...zwei Kaugummis, 1 Schachtel Lucky Strikes und ein Gewehr, bitte !



Strassenschild, Fernheim



Typische Geschaefte auf der Avenida Hindenburg



Horst Kaspar vor den Kuehltuermen der Molkerei Filadelfia



Tankstelle auf der Strecke Fernheim-Neuland



Hannes Kalisch mit seinem "Equipo", die Arbeitsgemeinschaft
mit der er die Enhlet Projekte realisiert



Indianische Familie nach einem Einkauf im Supermercado



Zwielichtiger Ort eines Mordfalls



Die legendaere Disco Galaxia



Mario und Valerian, die bislang einzigen Jungs
der"Pudding-Schule" in Neu-Halbstadt



Gedanken ueber die Strategien der Zukunft
Oberschulze Edwin Reimer im Interview


Der Finger stets am Abzug. - In der Discoteca "Galaxy" treffen sich am Wochenende die schraegsten Voegel aus dem mittleren Chaco. Meinungsverschiedenheiten werden nicht nur mit Argumenten ausgetragen. Der Fall liegt schon ein par Jahre zurueck, aber er ist noch lange nicht vergessen: Bei einer Feier in der "Galaxy" sagte ein junger Mann zu seinem Freund: "Komm doch mal kurz raus." Draussen zog er seine Pistole und naehte seinen Amigo um, weil der seine Schwester geschwaengert hatte und sich aus dem Staub machen wollte. Wie gesagt: Liegt lange zurueck - aber irgendwie liegt es immer noch in der Luft.

Filadelfia heisst Bruderliebe. - Von der Froemmigkeit der Stadtgruender ist auf der Hauptstrasse wenig zu spueren. Auf den betonierten Buergersteigen verkaufen fliegende Haendler raubkopierte Porno-Videos und in den Laeden nebenan kann man sich eine Schrotflinte kaufen, ohne den Ausweis vorzulegen. Wovon wir uns persoenlich ueberzeugt haben. Der Wilde Westen scheint gleich um die Ecke zu liegen.

Wie ein strenger Sheriff achtet Horst Kaspar darauf, dass kein Unbefugter die Molkerei "Coop" betritt. Der Supervisor laesst auch uns nicht eintreten, denn vor einiger Zeit gaben sich ein paar Maenner aus Uruguay als Reporter aus und entpuppten sich nachtraeglich als Spione von der Konkurrenz.

Naehen, backen, Kinder erziehen. - In der Haushaltsschule von Neu-Halbstadt lernt die Jugend des Chaco kochen, naehen, backen und Kinder erziehen. Die Chaco-Intelligenzia vermutet, dass in der Einrichtung Frauen fuer ein Leben am Herd und am Buegelbrett ausgebildet werden. Doch weit gefehlt: Die Schueler, die durchgehend die Mittlere Reife besitzen, werden von Grosskuechen, Gastronomieunternehmen und sozialen Einrichtungen abgeworben, bevor sie das
Abschlusszeugnis in der Hand halten. Mario Doerksen und Valerian Penner haben endgueltig alle Klischees, die ueber die "Tortilla-Universitaet" kursieren, platzen lassen. Sie sind die ersten Jungs der Schule. Nach dem Abschluss ihrer Ausbildung wollen sie vielleicht ein Restaurant eroeffnen. Und sie wissen genau: Alle Muchachos von Loma Plata bis Rosental beneiden sie insgeheim, weil sie von vielen netten Maedchen umschwaermt werden.

Die Macht des Wassers. - Der Regierungschef einer mennonitischen Colonia heisst nach altpreussischer Tradition Oberschulze. Aber die Maenner (bisher leider noch nie eine Frau), die heutzutage dieses Amt bekleiden, sind weder altbacken noch rueckwaertsgewandt. "Wer den Wasserhahn in der Hand haelt, der hat die Macht in den Haenden" - sagt Edwin Reimer, Oberschulze von Neuland. Trotz der Trockenperiode bleibt er optimistisch, denn er sieht viele Moeglichkeiten den Wassermangel in der Zukunft zu beheben: ein Aequadukt vom Paraguay-Fluss zu den Siedlungen, die Installation von Entsalzungsanlagen oder das Bohren von
Tiefbrunnen. Ohne Wahlwerbung betreiben zu wollen, koennen wir eines sagen: Dieser Oberschulze hat einiges auf dem Kasten.

Sprachen lernen! - Ueber das Zusammenleben von weissen Siedlern und Ureinwohnern macht sich Anthropologe Wilmar Stahl Gedanken. Er sagt: So lange die einen die Sprache der anderen nicht beherrschen, kann es zu keiner vernuenftigen Kommunikation kommen. Ausserdem muss jeweils die Kultur des anderen respektiert werden. Ein wenig erinnert seine Rede auch an die Thesen des Migrationsbeauftragten von Herne.

"Ich bin ein Enhlet." - Hannes Kalisch hat die Welt der Weissen verlassen und lebt jetzt schon seit einigen Jahren bei den Enhlet - mit allen Konsequenzen. Kalisch und seine Mitarbeiter zeichnen die Geschichten vornehmlich der alten Frauen und Maenner des Stammes auf und veroeffentlichen sie. Versteht sich von selbst, dass der Deutschstaemmige akzentfrei Enhlet spricht. Die spannende Geschichte dieses Experiments wird, wie wir heute glauben, eines der Highlights unseres Buches sein.

1 Kommentar:

  1. Die Sicherheitsvorkehrungen entsprechen nicht ganz unserem Standard, aber so lässt es sich auch leben/fahren und aus der Sicht eines Paraguayers ist es auch völlig normal.

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