Freitag, 22. Mai 2009

Mit sauberen Schuhen in die nie bezogene Wohnstätte von Strössners Sprössling



Schuhputzer Ricardo aus der Villa miseria "Chacarita": "Bezahlung ? - ... die Summe überlass ich dir!"



Die niemals bezogene Villa des drogenabhängigen Sohns
von Alfredo Strössner



Ansicht II



Ansicht III



Kunsthandwerk von Martin



Martin aus Buenos Aires. Reist durch Südamerika
und verkauft selbst hergestellten Schmuck



Die Menno-Kirche La Roca



Tereré-Verleih im Park in der Innenstadt



Die etwas andere Jugend von Asuncion: "Cumbia, Reggaeton?
Wir stehen eher auf echte Gitarren, die Ramones und Ironmaiden."




Joey Ramone hätte ihn glatt adoptiert




Meistens vor Apotheken und Banken anzutreffen.
Hier ein Sicherheitsbeamter mit eher dezenter Bewaffnung



Axel - hier endlich mal eine Version in Zitronengelb.



Am Ufer des Ypacaraì in San Bernardino



Churrasqueria - Fleisch bis zum Abwinken


Ricardo putzt Schuhe, dass es quietscht

Geschäftliche Cleverness und die Verletzlichkeit einer geschundenen Kinderseele spiegeln sich im Gesicht von Ricardo, 12, wieder. Angeblich erst seit einem Jahr ist er als Schuhputzer auf den Plazas rund um den Pantheon tätig. Gelernt hat er sein Handwerk von einem "Mita-í", also von einem Kind, das nicht älter ist als er. Gewandt wirbelt Ricardo die Schuhbürste durch die Luft und wischt mit einem Spezialtuch so gründlich nach, dass das Textil auf dem Leder einen pfeifenden Ton produziert: "Der Glanz quietscht", sagt er. Was er gerne spielt, fragen wir ihn. "Spielen?", antwortet er, "dass habe ich früher mal als kleines Kind gemacht. Heute habe ich dazu keine Zeit." Die Hälfte seiner Tageseinnahmen gibt er bei seiner Mutter ab, die "da hinten" wohnt - und er deutet mit einer traurigen Kopfbewegung an, dass sein Heim unten am Fluss im Elendsviertel "Chacarita" liegt. Doch schnell legt er wieder sein Lächeln auf und zeigt uns das Geheimfach in seinem Schuhputzerkasten: "Dort verstecke ich meine Einnahmen." Die Schuhe sind nun blitzsauber. Was er für seinen Service haben will? "Das überlasse ich dir", sagt er und lässt sich nicht aus der Reserve locken, wohl wissend, dass der "Alemán" einen Batzen springen lassen wird, der den ortsüblichen Tarif um ein paar Tausend Guaranies übersteigt. "Hat Paraguay mal gegen Deutschland gespielt?" will er zum Schluss wissen. Ja, lautet unsere Antwort. "Und wer hat gewonnen?" "Leider Deutschland. Aber Paraguay hat besser gespielt", trösten wir ihn.


Spuren der Diktatur

Mit einem Klimmzug zieht Thomas sich hoch und überwindet die zwei Meter hohe Mauer, die das weitläufige Grundstück umsäumt. Vorsichtig schleicht er sich durch das Gestrüpp bis zur gigantischen Villa, die Spuren des Verfalls aufweist. Von unserem Informanten Reinhold erfahren wir, dass hier der Stroessner-Sohn Freddy hat bauen lassen. Doch der Diktator-Sprössling starb an übermäßigem Drogenkonsum, noch bevor er sein Anwesen beziehen konnte. Die Hinterlassenschaften des autoritären Regimes sind auch 20 Jahre nach dem Sturz überall sichtbar. Oft handelt es sich um unrechtmäßig erworbene Immobilien, die jetzt leer stehen, weil der Staat ungerne enteignet. Aber ein Raum ist immer bewohnt - der des Guardians, des Wächters, der das Grundstück bewacht - von wem auch immer angestellt. Eindringling Thomas hat Glück, dass er nicht in den Lauf einer Schrotflinte blicken muss. Der Wachmann hat das ihm angetraute Domizil vorübergehend verlassen.
Vis a vis erstreckt sich übrigens eine andere prunkvolle Villa, diesmal bewohnt: Eigentümer ist Wolfgang Weber, Ex-Chef der Südmilch, der wegen Untreue angeklagt und in Paraguay untergetaucht war.


SanBer - wenn Asunción baden geht

Der Lago Ypacaraí ist Paraguays größtes Binnengewässer. Im Sommer amüsiert sich tout Asunción am See in San Bernardino. Wer in der heißen Jahreszeit nicht in "SanBer" aufschlägt, dem ist nicht zu helfen. Aber jetzt im Herbst ist der Ort, der im 19. Jahrhundert von Deutschen gegründet wurde, wie ausgestorben. Sonnenuntergänge lassen sich aber auf diese Weise viel besser genießen - allein oder zu zweit. Das Ypacaraí-Lied ist übrigens der in Südamerika bekannteste Musiktitel aus Paraguay. Das Stückbeginnt mit dem Satz: "In einer lauen Nacht trafen wir uns am blauen Wasser des Ypacaraí". Blau ist das Wasser nachts eigentlich nicht - möglicherweise war es der Dichter, als er den Text verfasste. Doch an dem Widerspruch hat sich bisher niemand gestört. Schade nur, dass Julio Iglesias die "Canción" vor einiger Zeit in sein Repertoire aufnahm - seitdem will das Lied niemand mehr hören.


Marihuana - legalize it!

Jeden Nachmittag nach Arbeitsschluss treffen sich Carlos Gutierrez und seine Freunde - am besten auszumachen an ihren schwarzen T-Shirts und Jeans - am Denkmal an der Plaza de la Libertad. Sie bilden eine "tribu urbana", einen "städtischen Stamm", besser zu übersetzen mit Clan oder Clique. Heiß diskutierten sie mit uns und untereinander über Paraguay, die Demokratie und die Legalisierung von Marihuana. Die Meinungen gingen weit auseinander. Einig waren sie sich in zwei Dingen: der Liebe zum Rock (Iron Maiden, Ramones) und der Ablehnung der Cumbia- und Reggaeton-Musik: "Cumbia ist Scheiße. Sie will nur unterhalten und kennt keine Message. Rock hingegen hat eine Aussage - und das gefällt uns."
Was die Jungs und Mädchen besonders sympathisch machte: Zwischendurch kam ein älterer, zahnloser Mann dazu und mischte sich in die Diskusion ein. Sie ließen den "viejo" in Ruhe ausreden und kamen keine Sekunde lang auf die Idee, hämisch über den Alten zu lachen.


Fleisch auf brasilianisch

Zum Abschied lud uns Reinhold zum Brasilianer ein. Das "Paulista" ist eine Churrasquería, die nach dem Prinzip "All you can eat" funktioniert. Rund 20 Kellner rannten mit ihren Fleischspießen durch die Gegend und schnitten geschickt mit ihrem Messer ein Stückchen ab. Auf jedem Spieß wurde eine andere Fleischsorte serviert. Danach stellten wir eine gewisse Fleischmüdigkeit fest.

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