Samstag, 16. Mai 2009

Ein Moloch - Ciudad del Este



Reklame-Reklame



Recherche nach Replica-Uhren aus China



Das Kaufhaus "Mona Lisa" hinten in blau



Zwischendurch werden auf
engstem Raum Handys repariert



Motorradkuriere warten auf Auftraege um die Grenze
nach Brasilien zu passieren



Typische Strasse



Sind wir hier in Linz oder Salzburg ? - No- Ciudad del Este

Ciudad del Este ist eine unglaubliche Grenzstadtadt. Von Geschichtenschreibern wurde sie auch schon mal die Welt-Schmugglerhauptstadt genannt. Da wir mit einem Bus anreisen, der in jedem Kuhdorf haelt, kommen wir erst nach Sonnenuntergang an und checken im "Austria" ein. Bei stroemendem Regen wollen wir uns schnell mal die Innenstadt ansehen. Jeder, den wir nach dem "Centro" fragen, starrt uns entsetzt an und sagt: "Centro - was wollt Ihr da? Da ist alles zu. Um Eure Sicherheit ist es da nicht gut bestellt."

Ciudad del Este hiess bis zum Sturz des Diktators 1989 "Puerto Stroessner". Brasilianer und andere Nationen kommen in die Stadt, die im Drei-Grenzen-Gebiet liegt (Argentinien, Brasilien, Paraguay), um billig einzukaufen - Parfum, HiFi, Multimedia, bunte Decken, einfach alles. Alles kommt gedoppelt daher: als Original und als Replik. An monstroesen Hochhaeusern, von deren Fassade die Farbe abblaettern, reizen gigantische Werbeplakate den Konsumnerv. Gleich daneben preisen Strassenhaendler in schaebigen Buden ihre Billigware an. High-Tec, chromglitzernde Auslagen und schicke Maedchen auf der einen Seite und gleich daneben Kartons, Papierfetzen, tote Hunde, zerquetschtes Gemuese, kurz, der modernde Abfall der Konsumgesellschaft.

Im eleganten China-House kommt die Frage nach der Replik einer Tag/Heuer-Uhr, Modell Monaco nicht gut an: Das kuenstliche Laecheln einer Verkaueferin gefriert ein, wir sind fuer sie nur noch Luft. Viel zu viele Verkaeuferinnen stehen vor viel zu viel glitzernden Auslagen. Je hoeher die Etage, desto kuerzer die Roecke, so scheint uns. Als wir aus dem "China" herauskommen, bedraengen uns die Strassenhaendler: Rasierapparat, Musik-CDs, Adidas-Socken? Und als wir uns immer noch nicht interessiert zeigen, kommen sie mit ihrem letzten Angebot: Viagra?

Das andere grosse Einkaufshaus, das "Mona Lisa", ist heute wegen des Nationalfeiertags zu. Es gehoert einem steinreichen Araber. Araber sind hier neben Koreanern die zweitgroesste Minderheit. Lauf CIA betreibt Al Quaida hier ein Filiale.

Strassenverkaeufer Manuel * kann weiterhelfen. Die Tag/Heuer liegt allerdings nicht in der Auslage. Hinten, irgendwo versteckt, greift er in einen zerschlissenen Karton und zaubert eine Replik des schweizerischen Meisterherstellers hervor. Von den meisten Uhren gibt es drei Varianten: das schlechte Falsifikat fuer zehn Dollar, das gute Falsifikat fuer 100 bis 15o Dollar - und das Original fuer etwa 5000 Dollar. Als die Kunden an der praesentierten Variante rummaekeln, oeffnet der Verkaeufer ein Alu-Kofferchen - nimmt eine Lage heraus, dann die zweite und wird schliesslich in der dritten Ebene fuendig. Mit Recht kann Manuel behaupten: Irgendwo habe ich alles. (*Name von der Redaktion geaendert).

Als die Sonne sich am spaeten Nachmittag in einen glutroten Ball verwandelt - der Regen ist vorbei -, packen die Haendler schnell ihre Siebensachen zusammen. Innerhalb kuerzester Zeit sind die Strassen beinahe verwaist. Nur einzelne Gruppen von Halbwuechsigen luemmeln sich in duesteren Ecken. Jetzt heisst es, schnell ins "Austria" zu kommen. Im Hotel, gefuehrt von der aus Oesterreich stammenden Renate, gibt es einen "Chopp", wie hier das Gezapfte genannt wird, in einem Porzelannmass. Und ueber uns breiten sich schuetzend die riesigen Aeste eines Hirschgeweihs aus.

1 Kommentar:

  1. Wie wärs mit einem Sortiment dieses Warenangebots in der Herner City? Das würde unsere Einkaufsstraße doch ein bisschen beleben... oder?
    Wir freuen uns schon auf Donnerstag,
    Susanna, Claudio und Felix

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